Die Verbände VLBS und VLW begrüßen die Einführung einer Berufsfachschule der Fachrichtung Heilerziehungspflege im Saarland, da sie für Schülerinnen und Schüler mit Hauptschulabschluss die Möglichkeit bietet, frühzeitig in das Berufsfeld der Heilerziehungspflege eintreten zu können. Gerade vor dem Hintergrund des hohen Fachkräftemangels im Bereich der Eingliederungshilfe ist es notwendig, Schülerinnen und Schülern eine niederschwellige Möglichkeit zum Einstieg in die Heilerziehungspflege anzubieten. Die dreijährige Ausbildung zum/zur Sozialassistent/-in Schwerpunkt Heilerziehungspflege verzahnt dabei ähnlich der dualen Ausbildung Theorie und Praxis und ermöglicht den Schülerinnen und Schülern so frühzeitig einen Einblick in das differenzierte Tätigkeitsfeld der Heilerziehungspflege.

Für die Standorte der Beruflichen Schulen, die diese Schulform zukünftig anbieten werden und darüber hinaus für diejenigen Fachlehrkräfte, die an den Inhalten des Lehrplanes, der zukünftigen Aufgabenerstellung und der Prüfungsauswahlkommissionen beteiligt sein werden, bedeutet die Implementierung einer neuen Schulform aber immer eine hohe Mehrbelastung. Diesbezüglich ist das Ministerium für Bildung und Kultur gefordert, geeignete Maßnahmen (z. B. Deputatregelungen) anzubieten, um die Arbeitsbelastung der Kolleginnen und Kollegen möglichst gering zu halten.

In Anbetracht der Tatsache, dass durch das Ministerium für Bildung und Kultur die Einführung weiterer Berufsfachschulen (z. B. Berufsfachschule für Ganztagsbetreuung) im ähnlichen beruflichen Kontext geplant sind und weitere schon eingeführt sind (z. B. Berufsfachschule Haushaltsführung und ambulante Betreuung), sehen wir hier für die Kolleginnen und Kollegen eine sehr hohe Arbeitsbelastung durch Einarbeitung, Lehrplangestaltung und die Mitarbeit in Erstellungs- und Auswahlkommissionen. Da die Anzahl der Lehrkräfte, die in diesem Berufsfeld unterrichten und mitarbeiten können, überschaubar ist, bedeutet dies für die betroffenen Lehrkräfte eine deutliche Mehrbelastung. Uns stellt sich deshalb die Frage, ob es nicht möglich gewesen wäre, eine Berufsfachschule zum/zur Sozialassistenten/-in einzuführen und die jeweiligen Fachrichtungen als Schwerpunkte anzubieten. Da die jetzigen Planungen mit mehreren eigenständigen Berufsfachschulen vermuten lassen, dass die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in den jeweiligen Schulformen nicht sehr hoch sein dürfte, wäre dies ein vertretbarer Weg. Auch böte ein solches Modell die Möglichkeit, dass sich die Schülerinnen und Schüler in einer Art Kernpraktikum ein genaueres Bild des Berufsfeldes der Sozialassistenten machen könnten, bevor sie sich im weiteren Verlauf (Vollzeitform, fachpraktische Ausbildung) auf einen Schwerpunkt festlegen würden.

Im Weiteren nehmen wir zu folgenden Paragraphen des Entwurfs zur Verordnung wie folgt Stellung:

  • 3: Struktur des Bildungsgangs

In Absatz 1 ist die Rede von einer geeigneten Praxiseinrichtung? Was genau ist darunter zu verstehen und welche Mindestkriterien sind an eine geeignete Praxiseinrichtung zu stellen?

  • 4: Berufsausbildungsabschluss- und Schullaufbahnberatung

Eine geeignete Beratung der Schülerinnen und Schüler vor Aufnahme in die Berufsfachschule Heilerziehungspflege ist sinnvoll. Für die Verbände VLW und VLBS stellt sich dabei aber die Frage, wer und vor allem wann diese Beratung stattfinden kann. Reicht es, wenn an einem offiziellen Termin, z. B. an einem „Info- und Anmeldetag“ über die Schulform informiert wird oder sind die betroffenen Schulen verpflichtet, individuelle Termine für interessierte Schülerinnen und Schüler anzubieten?

  • 5: Aufnahme, Aufnahmevoraussetzungen, Aufnahmeverfahren, Einstiegsphase in der Vollzeitform

Die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler, die ihren Hauptschulabschluss mit einer schlechteren Note als 07 abgeschlossen haben, innerhalb der ersten 10 Wochen bei nicht ausreichenden Noten in der Einstiegsphase in die Ausbildungsvorbereitung zu überführen, sehen wir als Verbände kritisch. Der Grundgedanke ist zwar gut nachvollziehbar, allerdings ist das Zeitfenster zur Umsetzung der Maßnahme sehr eng. Die Vorgabe, spätestens nach fünf Wochen in der Einstiegsphase eine Prognose über das erfolgreiche Absolvieren der Berufsfachschule Heilerziehungspflege abzugeben, ist schwer einzuhalten, da erst nach vier-fünf Wochen nach Schulstart die ersten Leistungsnachweise geschrieben werden. Die ggf. durchzuführende Anhörung der Schülerin oder des Schülers oder der Erziehungsberechtigten wird zu einem deutlichen Mehraufwand führen, der zudem in dieser frühen Phase des Schulbesuchs pädagogisch schwierig zu erbringen ist.

  • 6: Angebote im unterstützenden Lernbereich

In Absatz 1 ist die Rede davon, dass neben der individuellen Förderung und Lernbegleitung, die in der Stundentafel verankert sind, auch Entwicklungsgespräche angeboten werden. Durch wen sollen diese Entwicklungsgespräche angeboten werden und wann? Dazu kommt die Vorgabe aus Absatz drei, dass die Lernbegleitung, die Entwicklungsgespräche und die Begleitung der berufspraktischen Ausbildung zu dokumentieren sind. Welche Lehrkräfte sollen das alles leisten? Darüber hinaus stellt sich uns die Frage, ob das Ministerium für Bildung und Kultur hierfür die entsprechenden einheitlichen Vordrucke zur Verfügung stellt, um diese Mehrbelastungen möglichst gering zu halten. Wird es hierfür entsprechende Deputate zur Entlastung geben?

  • 7: Fachpraktikum in der Vollzeitform, Praktikumsheft

In Absatz vier heißt es, dass die Praxiseinrichtung am Ende des Fachpraktikums in der Fachstufe I als auch in der Fachstufe II eine schriftliche Stellungnahme über die praktischen Leistungen der Schülerinnen und Schüler anfertigt. Wie sieht eine solche Stellungnahme aus? Es wäre sicherlich hilfreich, wenn es hierzu geeignete Vordrucke gäbe, die in kompakter Form eine einheitliche und nachvollziehbare Möglichkeit der Stellungnahme und Bewertung ermöglichen würden und zudem die Praxiseinrichtungen nicht zu sehr zeitlich belasten würden. In Absatz fünf, Satz 1 ist für uns der genaue Verfahrensablauf unklar: Nach welchen Kriterien wird festgelegt, dass das Fachpraktikum nicht erfolgreich verläuft? Unpünktlichkeit? Unfreundlichkeit? Unzuverlässigkeit? Die Wahrnehmung durch die Praxiseinrichtungen wird in hohem Maße subjektiv sein und bedarf einer gewissen Vorgabe durch das Ministerium für Bildung und Kultur.

  • 8: Berufspraktische Ausbildung

Absatz vier regelt die Bewertung der berufspraktischen Ausbildung. Die Verbände VLW und VLBS sehen für den Fall, dass die Praxiseinrichtung die berufspraktische Ausbildung als „nicht erfolgreich“ bewertet, die vorgesehenen Abläufe sehr kritisch. Der vorgesehene Prozess ist in hohem Maße aufwändig und bindet sehr viel Zeit. Darüber hinaus ist es nicht nachvollziehbar, dass die Lehrkraft – zwar nach einem Gesprächstermin mit dem für das Votum der Praxiseinrichtung Verantwortlichen und unter Anwesenheit der Schülerin bzw. des Schülers – aber praktisch in alleiniger Entscheidung die berufspraktische Ausbildung doch als „erfolgreich“ bewerten kann! Und das, obwohl die Lehrkraft – außer durch eventuell stattfindende gelegentliche Besuche – nicht während der berufspraktischen Ausbildung anwesend ist. Diese Regelung wird sicherlich nicht dazu führen, dass die involvierten Praxiseinrichtungen dieser Art der Berufsausbildung viel Vertrauen schenken werden.

Laut Absatz 8 können entschuldigte längere Ausfallzeiten den Abschluss der berufspraktischen Ausbildung gefährden, wenn der Mindestumfang der fachpraktischen Ausbildung nicht mehr erreicht werden kann. Hier wünschen wir uns eine Präzisierung der Begriffe „Ausfallzeiten“ und „Mindestumfang“. Diese Aspekte sollten klar geregelt sein und nicht nur in die Entscheidung der betroffenen Lehrkräfte übertragen werden.

  • 20: Prüfungsfächer

Für die Verbände VLW und VLBS stellt sich die Frage, ob es nicht besser wäre, Wirtschafts- und Sozialkunde ebenfalls schriftlich zu prüfen. Da die dreijährige Berufsfachschule Heilerziehungspflege im Unterschied zu den eingeführten zweijährigen Berufsfachschulen z. B. in der Fachrichtung Technik oder in der Fachrichtung Wirtschaft und Verwaltung zu dem beruflichen Abschluss „Sozialassistent/-in Schwerpunkt Heilerziehungspflege“ führt, wäre dies sinnvoll. Vergleichend ist in der dualen Berufsausbildung Wirtschaft- und Sozialkunde auch fester Bestandteil der Abschlussprüfung.

  • 34: Prüfungskommission

Laut Entwurfstext ist nicht klar, ob die in Absatz vier genannten Fremdprüfer/-innen Lehrkräfte des jeweiligen Berufsbildungszentrums oder eines anderen Standortes sein dürfen, müssen oder sollen. Absatz vier sollte dahingehend präzisiert werden.