Sehr geehrte Frau Zimmermann,

die Verbände VLW und VLBS bedanken sich für die Möglichkeit der Stellungnahme zu oben genanntem Entwurf.

Es ist zu begrüßen, dass die Neufassung des Entwurfes versucht, sich an neue unterrichtliche Gegebenheiten der Beruflichen Schulen des Saarlandes anzupassen. Jedoch sollte dabei klar sein, dass eine teilweise Individualisierung der Benotung und eine lernprozessbegleitete Leistungsbewertung für die Lehrkraft zeitlich aufwändiger sind als bisher. Sofern es hierzu keine ausgleichenden zeitlichen Ressourcen für die Lehrkräfte gibt, sehen die Verbände VLBS und VLW es als schwierig an, dies in der durch den Dienstherrn gewünschten Form umzusetzen.

Nachfolgend nehmen VLW und VLBS entsprechend der Gliederung des Entwurfes wie folgt Stellung:

Zu 4.1: Große Leistungsnachweise

Prinzipiell sind die getroffenen Aussagen nachvollziehbar, uns stellt sich jedoch die Frage, weshalb die bisherigen Formulierungen zur sprachlichen und formalen Richtigkeit, dahingehend abgeändert wurden, dass im neuen Entwurf nur noch die Rede ist von schwerwiegenden und gehäuften Verstößen gegen die sprachliche Richtigkeit. Nimmt man es also inzwischen mehr oder weniger hin, dass es diesbezüglich eine massive Verschlechterung der Schülerinnen und Schüler in den letzten Jahren gegeben hat? Positiv hingegen ist die Konkretisierung, dass die Note um maximal eine Notenstufe herabgesetzt werden kann, und nicht nur im „angemessenen Umfang“.

 

Im letzten Abschnitt von Kapitel 4 ist die Rede davon, dass der Lehrkraft die Entscheidung über die jeweilige Form des Leistungsnachweises obliegt. Da der Spielraum zur Entscheidung durch die Lehrkraft jedoch nur im Rahmen der Tabellen in Kapitel 4.3 möglich ist, wäre es besser, es hieße: „Der Lehrkraft obliegt die Entscheidung […] gemäß Tabelle …“. Die Aussage, dass die Schülerinnen und Schüler ihrem Alter entsprechend in die Entscheidung über die Form der Leistungsnachweise einzubeziehen seien, hört sich oberflächlich gelesen gut an. Wir als Verbände sehen dies aber sehr kritisch, da es sich um eine Entscheidung handelt, die durch die jeweilige Lehrkraft festzulegen ist, da diese für das Unterrichtsgeschehen und die zugehörige Leistungsbeurteilung verantwortlich ist.

Zu 4.1.1.1 Schriftliche Arbeit

Die Ausführungen zur Schriftlichen Arbeit sind im Vergleich zum bestehenden Erlass gleichgeblieben. Auch wenn es der Name dieser Form des GLN nahelegt, ist nicht klar, ob die Schriftliche Arbeit schriftlich anzufertigen ist, oder ob nur die Aufgabenstellung den Schülerinnen und Schülern schriftlich vorliegen muss. In den Erläuterungen zur Medien- und materialgestützen Arbeit ist explizit dargestellt, dass diese Leistungen in schriftlicher Form erfordert.

Sollen Vergleichsarbeiten in den beruflichen Vollzeitschulformen wie im Entwurf beschrieben in allen Parallelklassen geschrieben werden oder reicht es auch, wenn diese Vergleichsarbeit mit einer Parallelklasse geschrieben wird? Dies ist im Entwurf nicht eindeutig herauszulesen.

 

Zu 4.1.1.2 Medien- und materialgestützte Arbeit

Die Einführung von Medien- und materialgestützten Leistungsnachweisen versucht den Leistungsbewertungserlass modernen Kommunikations- und Unterrichtsmitteln anzupassen. Es gibt jedoch Landkreise, die auf den Tablets der Schülerinnen und Schüler keine Office-Pakete bereitstellen. Wie soll der Schüler bzw. die Schülerin dann Textverarbeitungsprogramme oder ähnliches benutzen? Die digitale Ausstattung muss gegeben sein, sonst können die im Entwurf formulierten und in 4.3 vorgeschriebenen modernen Formen der Leistungsnachweise nicht adäquat umgesetzt werden.

 

Zu 4.1.1.3 Weitere Formen großer Leistungsnachweise

Die Ausführungen zu Buchstabe g. „Zentrales Handlungsprodukt“ erscheinen uns für eine Form der Leistungsüberprüfung, die sicherlich nicht allen Lehrkräften hinreichend bekannt sein dürfte, als zu schwammig. Hier sollten bezüglich Art, Umfang und zeitlichem Rahmen ergänzende Erläuterungen gemacht werden. Alternativ könnte auch eine Handreichung für die Kolleginnen und Kollegen erstellt werden, in der die „neuen“ GLN „Zentrales Handlungsprodukt“ und „Medien- und materialgestütze Arbeit“ näher erläutert werden.

 

Zu 4.2 Sonstige Leistungen

Neben der Bewertung durch die verschiedenen Formen der Großen Leistungsnachweise ist eine umfassende Gesamtbewertung der Sonstigen Leistungen sicherlich eine gute Möglichkeit der Bewertung. Sonstige Leistungen gewährleisten, dass sich die umfassende Gesamtbewertung der Schülerinnen und Schüler nicht nur auf punktuelle Leistungsbewertungen stützt, wie bei der ausschließlichen Bewertung durch Große Leistungsnachweise. Die in Kapitel 4.2 beispielhaft aufgeführten, über die Mitarbeit hinausgehenden Aspekte des Arbeitsverhaltens sollten durch den Aspekt der Pünktlichkeit ergänzt werden. Gerade häufiges Zuspätkommen und unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht behindern massiv den Lernfortschritt in den Klassen und sollten folglich als weiterer Aspekt des Arbeitsverhaltens und damit auch zur Leistungsrückmeldung in diesem Erlass Berücksichtigung finden.

Die im letzten Abschnitt von Kapitel 4.2 getroffenen Aussagen sind theoretisch gut. Es erschließt sich uns aber nicht, wann diese fach- oder lernfeldbezogene Rückmeldung zur Lernentwicklung unter Nennung individueller Entwicklungsschwerpunkte, grundsätzlich im Dialog mit den Schülerinnen und Schülern, geleistet werden soll. Diese Form der Rückmeldung ist im realen Unterrichtsalltag an den Beruflichen Schulen und noch mehr an der Berufsschule schlichtweg nicht leistbar. Abhilfe schaffen könnte hier die Einführung von z. B. LiF-Stunden wie sie in der Ausbildungsvorbereitung oder in der Berufsfachschule eingeführt wurden. Zielführend wäre in diesem Zusammenhang sicherlich auch die Einführung der durch die Personalvertretung seit langem geforderten Systemstunden für Lehrkräfte um der ständig herausfordernder werdenden, heterogenen Schülerschaft gerechter zu werden.

 

Zu 4.2.1 Mitarbeit

Es wäre wünschenswert, wenn im ersten Abschnitt genauer erklärt würde, was unter digitalen Settings genau zu verstehen ist. Es ist nicht hilfreich, solche Begriffe in einem Erlass zu verwenden, für die unterschiedliche Interpretationsansätze vorhanden sein werden.

 

Zu 4.2.2. Weitere Leistungen aus dem Unterricht

Die in diesem Kapitel getätigten Ausführungen umschreiben sehr umfangreich und euphemistisch diejenigen Leistungen, die in einem normalen Unterrichtsgeschehen fester Bestandteil gewachsener Lehrer-Schüler-Interaktion sind und bisher durch die Lehrkraft zusammenfassend als Mitarbeitsnote ausgewiesen wurde. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass Lehrkräfte an den beruflichen Schulen und insbesondere an der Berufsschule häufig mehrere hundert Schülerinnen und Schüler pro Halbjahr unterrichten. Dadurch wird es in den meisten Fällen so sein, dass man den hier genannten Bewertungskriterien für die Schülerinnen und Schülern auch bei guter Absicht nicht wirklich entsprechen kann.

 

Zu 4.2.3 Kleine Leistungsnachweise

Die im ersten Abschnitt gemachten Hinweise zur Berücksichtigung der sprachlichen und formalen Richtigkeit, sollten unserer Meinung nach an die im Erlass gewählten Formulierungen zu den Großen Leistungsnachweisen („… kann die Noten um maximal eine Notenstufe herabgesetzt werden.“) angepasst werden.

Im zweiten Abschnitt wird beschrieben, dass die Anzahl der Kleinen Leistungsnachweise in einem Schuljahr in pädagogischer Verantwortung der Lehrkräfte unter Berücksichtigung der schulischen Gremien und der Schulleitung erfolgt. Dies sehen wir dahingehend kritisch, da es zwar flexible Entscheidungen ermöglicht, dies aber auch zu signifikanten Unterschieden zwischen verschiedenen Schulstandorten führen kann. Hinsichtlich des Begriffes „Pädagogische Verantwortung“ ist zu sagen, dass dieser wohl inhaltlich richtig ist, wir an dieser Stelle aber den Begriff der pädagogischen Freiheit präferieren. Diese pädagogische Freiheit wird ja gerade durch die Einführung neuer Bewertungsformate wie „medien- und materialgestützte Arbeiten“ an vielen Stellen im Erlass verbessert.

 

Zu 4.3 Übersicht über die zu erbringenden Leistungen

Wir begrüßen die teilweise Herabsetzung der Anzahl der verpflichtenden Großen Leistungsnachweise, wie sie sich gemäß den beiden Tabellen in Kapitel 4.3 gegenüber dem vorherigen Erlass ergeben. Dies wird gerade in der Berufsschule, in der es durch die verschiedensten Varianten der Blockbeschulung immer wieder zu erheblichen zeitlichen Problemen bei der Notenfindung kommt, für mehr Zeit zum Unterrichten und der zeitlichen Planung der Leistungsnachweise für alle Beteiligten führen.

 

Zu 4.4.1 Bestimmungen zum Verfahren und zur Leistungsrückmeldung; Ankündigung, Häufigkeit und Versäumnis

„Bei Blockklassen mit einwöchiger Blockphase ist eine Ankündigung im vorhergehenden Block erforderlich.“ Durch die flächendeckende Einführung digitaler Kommunikationssysteme wie z. B. Webuntis wäre es möglich, die Schülerinnen und Schüler auch während ihrer Zeit in den Betrieben zu erreichen. Dadurch wäre eine Verkürzung der Vorankündigungszeit auf eine Kalenderwoche zu möglich.

Im zweiten Abschnitt wird die Mindestzeit zwischen Rückgabe eines GLN und dem Anfertigen eines gleichwertigen GLN im gleichen Fach oder Lernfeld beschrieben. Unserer Meinung nach könnte es hier verkürzend heißen: „Die Anfertigung gleichartiger großer Leistungsnachweise in einem Fach oder Lernfeld darf frühestens einen Tag nach der Leistungsrückmeldung erfolgen.“

Wir begrüßen den Schritt, dass die zulässige Höchstzahl der Großen Leistungsnachweise inklusive Nachschreiben festgelegt wurde, sie stellt vorwiegend die Berufsschule vor organisatorische Herausforderungen, in den beruflichen Vollzeitschulen ist dies relativ gut umzusetzen. Allerdings sehen wir ein Problem im Bereich der Fachoberschulen und der Fachschule für Sozialpädagogik, da es dort die Begrenzung gibt, dass nur eine schriftliche oder medien- oder materialgestützte Arbeit pro Schultag stattfinden darf. Dies steht im Widerspruch zur Höchstzahl großer Leistungsnachweise (schriftliche Arbeit oder mündliche Prüfung) pro Woche. Wir fänden es besser, wenn wie z. B. in der Berufsschule im Blockunterricht in begründeten Ausnahmefällen zwei schriftliche oder medien- oder materialgestützte Arbeiten pro Tag geschrieben werden könnten.

Die Entscheidung, ob in besonders begründeten Fällen die Anzahl der Großen Leistungsnachweise pro Woche oder pro Tag erhöht werden kann, sollte unserer Meinung durch die Abteilungsleitungen getroffen werden können, da diese „dichter“ am Geschehen innerhalb der Abteilung als die Schulleitungen sind.

 

Zu 4.4.2 Bewertung, Rückmeldung und Dokumentation großer Leistungsnachweise

Gegenüber dem bisherigen Erlass ergibt sich durch die Ausführungen im zweiten Abschnitt ein deutlicher Mehraufwand für die Lehrkräfte. So hieß es im bisherigen Erlass: „Dies beinhaltet bei schriftlichen Leistungsnachweisen die Begründung durch Korrekturhinweise und gegebenenfalls Hinweise zur Verbesserung von Sprache und Form. In pädagogisch begründeten Fällen bzw. auf Anforderung der Schülerin und des Schülers oder ihrer/seiner Erziehungsberechtigten muss darüber hinaus ein kurzer zusammenfassender Kommentar erfolgen.“ Im vorliegenden Entwurf gibt es jedoch die Vorgabe, generell einen kurzen zusammenfassenden Kommentar bei der Leistungsrückmeldung zu geben. Dies führt bei einer Lehrkraft, die überwiegend zweistündige Fächer in Blockklassen unterrichtet, sehr schnell zu bis zu 1800 „kurzen Kommentaren“ pro Halbjahr. Wir sind der Meinung, dass die vorherige Formulierung deutlich realistischer und zielführender ist als die geplante Neue. Es darf einer Lehrkraft im Rahmen ihrer pädagogischen Freiheit und hier auch der pädagogischen Verantwortung dahingehend vertraut werden, zu wissen, wann eine Rückmeldung in Form eines kurzen zusammenfassenden Kommentars notwendig ist.

 

Zu 4.4.4 Bewertung, Rückmeldung und Dokumentation der sonstigen Leistungen (SL)

Die im ersten Abschnitt getätigten Ausführungen sind, wenn überhaupt, dann nur in den beruflichen Vollzeitschulen denkbar. Eine mindestens zweimal pro Schulhalbjahr zu erbringende fach- bzw. lernfeldbezogene Rückmeldung zum individuellen Lernprozess, unter Einbezug der Mitarbeit usw. sowie das Aufzeigen der erreichten Kompetenzen bzw. die Vorzüge der gezeigten Leistungen sowie die noch weiter zu entwickelnden Kompetenzen bzw. die zu verbessernden Aspekte der gezeigten Leistungen liest sich wie ein Erfolgsrezept für in allen Facetten gelingende unterrichtliche Leistungsrückmeldung, geht jedoch deutlich an der Realität vorbei. Ist dies schon in Vollzeitklassen nur mit einem riesigen Mehraufwand durch die Lehrkräfte zu leisten, fehlt uns die Phantasie, wie dies in der tageweise oder in verschiedenen Blocksystemen beschulten Klassen funktionieren soll. Insbesondere die Lehrkräfte, die viel in den allgemeinbildenden Fächern eingesetzt sind, unterrichten mitunter viele hundert Schülerinnen und Schüler pro Schulhalbjahr. Viele der Lehrkräfte können bis zum Ende des ersten Halbjahres kaum die Namen ihrer Schülerinnen und Schüler, die vor Ihnen sitzen, kennen, da sie die Klasse höchstens alle drei Wochen zweistündig unterrichten. Sollten noch Ferien und Feiertage auf diese Stunden fallen, ist es nicht ungewöhnlich, dass manche Klassen nur alle zwei Monate diese Fachlehrkraft im Unterricht sehen.

Um dies zu präzisieren möchten wir Ihnen ein Beispiel aufzeigen: Eine Lehrkraft, die in diesem Schulhalbjahr an einem Donnerstag eine im Wochenblock beschulte Klasse unterrichtet, hat diese Klasse an fünf (!) Terminen gesehen. Von diesen fünf Terminen liegt der letzte Termin so, dass die Zeugnisnote schon eingetragen werden musste. Folglich bleiben für das gesamte Schuljahr vier relevante Termine zur Rückmeldung zum individuellen Lernprozess übrig. Dies jedoch nur unter der Annahme, dass die Lehrkraft und alle Schülerinnen und Schülern an allen Terminen gesund und somit anwesend sein konnten.

Wir empfehlen daher dringend, diesen Abschnitt zu überarbeiten und Abstand von der geplanten Regelung im Erlass zu nehmen.

 

Zu 4.4.5 Ermittlung der Zeugnisnote

Es ist nicht klar formuliert, ob die Großen Leistungsnachweise zusammengefasst mit der Sonstigen Leistung berechnet werden oder die Sonstige Leistung wie ein Großer Leistungsnachweis betrachtet wird. Je nach Lesart werden die Lehrkräfte an den Beruflichen Schulen so die Halbjahresnoten unterschiedlich berechnen.

Anhand nachfolgenden Beispiels möchten wir das Problem verdeutlichen:

Geht man davon aus, dass alle GLN einzeln und gleichwertig in die Notenberechnung eingehen, kommt bei der lernprozessbezogenen Gesamtnote von 3 und drei geschriebener GLN mit den Noten 5, 2 und 4 eine Halbjahresnote von 3,5 raus.

Addiert man zuerst die GLN und bildet eine Durchschnittsnote dieser, ergibt sich eine Halbjahresnote von 3,33. (Lernprozessbegleitende Gesamtnote: 3; GLN: 5+2+4= 11; 11:3= 3,67 à Gesamtnote: (3+3,67):2=3,33)

Es ist also wichtig, dass diese Passage konkretisiert wird, um ein einheitliches Vorgehen bei der Benotung zu gewährleisten.

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung. Wir würden uns freuen, wenn die von uns genannten Aspekte in geeigneter Weise berücksichtigt und unsere Fragen beantwortet würden.