Sehr geehrte Frau Ehm,
vielen Dank für die Möglichkeit der Stellungnahme zu oben genanntem Entwurf.
Aus Sicht der Verbände VLW und VLBS sind bei dem vorliegenden Entwurf natürlich insbesondere die Aspekte wichtig, die das Zusammenwirken der Gemeinschaftsschulen mit den Beruflichen Schulen berücksichtigen. Auf die hiervon betroffenen Paragraphen gehen wir wie folgt ein:
Zu § 10 – Berufliche Orientierung
Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die in Absatz 2 erwähnte berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler beim Besuch der Gemeinschaftsschule gefördert wird. Allerdings bleibt offen, ob die berufliche Orientierung als „Querschnittsaufgabe in allen Fächern und Jahrgangsstufen“ mit der erforderlichen Intensität umgesetzt wird, da diese Formulierung keine ausreichende Verbindlichkeit für die konkrete Unterrichtsgestaltung erkennen lässt. Stattdessen wäre es deutlich effektiver, die berufliche Orientierung verbindlich im Stundenplan zu verankern, um eine nachhaltige und praxisnahe Umsetzung sicherzustellen.
Im Absatz 2 ist die Rede davon, dass die Berufliche Orientierung durch die Zusammenarbeit und das Arbeiten in Netzwerken gefördert werden soll. In diesem Zusammenhang werden die Beruflichen Schulen als Randnotiz immerhin einmal im § 10 (Berufliche Orientierung) erwähnt. Für die Verbände VLW und VLBS ist es nicht nachvollziehbar, weshalb eine Zusammenarbeit mit den Beruflichen Schulen nicht stärker Eingang in diesen Entwurf der GemSVO gefunden hat. Immerhin arbeiten die Beruflichen Schulen seit jeher mit allen an der Beruflichen Bildung involvierten Institutionen und den Ausbildungsbetrieben gut zusammen. Anscheinend wird seitens der Verfasser dieses Entwurfes kein großer Wert auf eine enge Zusammenarbeit zwischen Gemeinschaftsschulen und Beruflichen Schulen gelegt. Im Übrigen bedürfen auch die in Absatz 2 genannten Richtlinien zur Beruflichen Orientierung an allgemeinbildenden Schulen im Saarland einer Überarbeitung, da auch hier die Beruflichen Schulen als Experten in der Beruflichen Bildung nur beiläufig genannt werden. Die an den Beruflichen Schulen implementierten Beauftragten für Kooperation, Organisation und Bildungswegeberatung (KOB`s) stehen sehr gerne für eine Zusammenarbeit mit den Gemeinschaftsschulen bereit. Diese Zusammenarbeit wird im Übrigen im Rundschreiben zur „Kooperation der allgemeinbildenden und der Beruflichen Schulen im Bereich der Schul- und Bildungswegeberatung“ ausführlich beschrieben und es wäre wünschenswert, dass Inhalte dieses Rundschreibens sich im vorliegenden Entwurf wiederfinden würden.
Zu § 16 – Aufsteigen, Wiederholen
Es ist fraglich, ob die hier vorgesehenen Regelungen zur Gewährleistung eines reibungslosen Aufsteigens in die nächsthöheren Klassenstufen zielführend und – vor allem – motivierend für die Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsschule sind. Zudem wirken die Ausführungen in Punkt 10 der Begründung zum Aufstieg bis einschließlich Klassenstufe 9 größtenteils wie eine Absichtserklärung und sind zu unverbindlich formuliert. Bei vielen Schülerinnen und Schülern, die derzeit an den Berufsschulen unterrichtet werden und von den Gemeinschaftsschulen gekommen sind, zeigen sich deutliche Lücken in Mathematik, Deutsch und Fremdsprachen. Auch in den Bereichen Sozialkompetenz und Arbeitshaltung gibt es teilweise erhebliche Defizite. Das Durchwinken der Schülerinnen und Schüler von Klassenstufe fünf bis acht wird vermutlich nicht dazu führen, dass das Leistungsniveau der von der Gemeinschaftsschule abgehenden Schülerinnen und Schüler nach Inkrafttreten der geplanten Verordnung ansteigen wird.
Durch die Formulierung, dass eine Wiederholung der Klassenstufen 9 und 10 nur auf Antrag der Erziehungsberechtigten und mit Genehmigung der Klassenkonferenz und unter Beachtung von Absatz 2, Satz 2, Nummer 2 und 3 möglich ist, wird zukünftig eine Wiederholung der Klassenstufen 9 und 10 wohl eher die Ausnahme sein. Diese Regelungen sollten dringend so angepasst werden, dass eine Wiederholung nicht die Ausnahme bleibt. Bereits jetzt ist schon zu beobachten, dass eine große Anzahl von Schülerinnen und Schüler ohne vorherige Wiederholung der entsprechenden Klassenstufe in das berufliche Schulsystem wechseln, um das 10. Pflichtschuljahr zu erfüllen. Dadurch haben sie nicht die Möglichkeit, ihre vorhandenen Defizite aufzuarbeiten und die notwendige Ausbildungsreife zu erlangen.
Ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass eine nicht unerhebliche Zahl von Schülerinnen und Schülern, die keine Wiederholung der Klasse 9 an den Gemeinschaftsschulen durchlaufen haben, an die Beruflichen Schulen wechseln und ein Sprachniveau von A0 oder bestenfalls einige wenige von A1 aufweisen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf: Es muss sichergestellt werden, dass die Schülerinnen und Schüler während ihrer Zeit in der Gemeinschaftsschule die erforderliche Sprachförderung erhalten und die Option zur Wiederholung der Klasse 9 nutzen können, um ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Die Beruflichen Schulen können unmöglich zu den im ersten Abschnitt beschriebenen vorliegenden Defiziten noch die teilweise enormen Lücken in der deutschen Sprache auffangen.
Zu § 20 – Hauptschulabschluss (Erster Schulabschluss) am Ende der Klassenstufe 9
In Absatz 5 wird kurz darauf eingegangen, wann dem Schüler oder der Schülerin der Hauptschulabschluss nicht zuerkannt wird. Es ist jedoch nirgends ersichtlich, wie es in diesem Fall weitergehen kann. Hier wäre ein kurzer Hinweis auf die Verordnung – Schulordnung – über den Erwerb der mit dem Hauptschulabschluss verbundenen Berechtigungen nach dem Besuch des Bildungsgangs der Ausbildungsvorbereitung an der Berufsschule oder des Bildungsgangs in der dualen Berufsausbildung an der Berufsschule in der gültigen Fassung sicherlich sinnvoll.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung. Zudem würden wir uns freuen, wenn die von uns genannten Aspekte in geeigneter Weise berücksichtigt und wir eine Rückmeldung zu unseren Eingaben erhalten würden.