Bereits im letzten Jahr haben der VLW und der VLBS in einer Stellungnahme gefordert, die 22 kw-Vermerke im Haushaltsplan des Saarlandes, die zum 01.08.2018 geplant waren, auszusetzen. Erfreulicherweise ist die Landesregierung dieser Forderung gefolgt und hat die kw-Vermerke zum 01.08.2018 ausgesetzt. Dies möchten wir nochmals ausdrücklich begrüßen und uns dafür bedanken.
Allerdings wurden zum 01.01.2019 12 Planstellen im Kapitel 0611 gestrichen. 22 weitere Planstellen sind mit einem kw-Vermerk versehen, der zum 01.08.2019 wirksam werden soll. Für die Beruflichen Schulen ist es aus folgenden Gründen nicht möglich, diese kw-Vermerke zu erbringen:
• Bedarfe in Mangelfächern
• Abbau des strukturellen Unterrichtsausfalls
• Zusatzbedarfe durch die Reform im Übergangsbereich
• Beschulung von Geflohenen
• Zusatzbedarfe durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Bedarfe in Mangelfächern
In den Fächern bzw. Berufsfeldern Ernährungs- und Haushaltswissenschaften, Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Informatik, Körperpflege und Kosmetik, Sozialpädagogik, Druck und Medientechnik, Elektrotechnik, Fahrzeugtechnik, Metalltechnik und Versorgungstechnik gibt es an den Beruflichen Schulen einen sehr großen Bedarf an Lehrkräften. Bereits jetzt müssen viele Lehrerinnen und Lehrer Mehrarbeit leisten und haben längst Überstunden aufgebaut, damit der Fachunterricht in den genannten Bereichen stattfinden kann. Besonders problematisch ist der Umstand, dass bspw. in Fahrzeugtechnik die Lehrkräfte mit 94 % nur in ihrem beruflichen Fach und kaum in ihrem allgemeinbildenden Fach eingesetzt sind. In Versorgungstechnik sind es 88 % und in Körperpflege und Gesundheit 79 %. Fällt in diesen Bereichen eine Lehrkraft aus oder wird diese in den Ruhestand versetzt, können die entsprechenden Stunden nicht von Kolleginnen und Kollegen aus der entsprechenden Fachrichtung aufgefangen werden, da keine Ressourcen mehr frei sind.
Zum 01.08.2019 werden 24 Lehrkräfte in den Ruhestand versetzt. Diese sind zum Teil in den auf Seite 1 genannten Bereichen eingesetzt. Aktuell gibt es glücklicherweise für diese Mangelfächer genügend geeignete Bewerber, die zum 01.08.2019 eingestellt werden könnten. Sollten allerdings die kw-Vermerke zur Anwendung kommen, können die Vakanzen nicht personalisiert werden. Dies hätte zur Folge, dass eine Beschulung laut KMK-Vorgaben nicht mehr möglich ist. Nur durch einen Stundenausfall und das Zusammenlegen von Klassen zu Landesfachklassen könnte der Schulbetrieb in der Dualen Ausbildung aufrechterhalten werden. Von dieser Vorgehensweise raten der VLW und der VLBS jedoch eindringlich ab. Das Saarland darf nicht zum Bundesland der Landesfachklassen werden! Die Betriebe und Auszubildenden wollen keine langen Wege zwischen Betrieb und Berufsschule. Bei den meisten Berufen sollte daher die Beschulung auch in der Fläche gewährleistet sein. Verschwindet die Beschulung in der Fläche, verschwindet oft auch die Ausbildung dort. Während für gleichaltrige Schüler der allgemeinbildenden Schulen alles getan wird, die Beschulung im Kreis, ja sogar in der Stadt, zu halten, wird vielen Auszubildenden zugemutet auf Reise zu gehen. Viele dieser Auszubildenden verfügen nicht über ein eigenes Fahrzeug und sind auf den ÖPNV angewiesen. Gerade in ländlichen Regionen ist die Anbindung an den ÖPNV so schlecht, dass eine Fahrt von bspw. Wadern nach Völklingen oder Saarbrücken unzumutbar ist. Demnach darf es in Zukunft zu keiner Verschlechterung des Angebotes an Beruflichen Schulen kommen. Vielmehr sollte zur Sicherstellung der fachlichen Expertise in den auf Seite 1 genannten Berufsfeldern eine gezielte Personalisierung erfolgen und keine Streichung von 22 Planstellen.

Abbau des strukturellen Unterrichtsausfalls
Im Koalitionsvertrag der Regierung des Saarlandes aus dem Jahr 2017 findet sich auf Seite 46 folgende Formulierung:
„Die Lehrkräfteausstattung im Schulwesen ist ein Indikator für die Qualität der Bildungsangebote. Wir wollen an allen Schulen ein verlässliches Unterrichtsangebot schaffen. Insbesondere den strukturellen Unterrichtsausfall an den Berufsschulen wollen wir weiter reduzieren und die mobile Lehrkräftereserve in den einzelnen Schulformen vorhalten.“
Zurzeit liegt der Unterrichtsausfall im Bereich der Beruflichen Schulen bei etwa 300 Std. / Woche. Sollten die 22 kw-Vermerke zum 01.08.2019 umgesetzt werden, würde dies einen erheblichen Anstieg des Unterrichtsausfalls zur Folge haben. Die Reduzierung des Unterrichtsausfalls und eine standortspezifische Lehrerreserve an den Beruflichen Schulen im Saarland sind zwei Forderungen, die der VLW und der VLBS schon seit Jahren gegenüber der Landesregierung und dem Ministerium für Bildung und Kultur vorgebracht haben. Daher fordern die Verbände, die kw-Vermerke im Haushalt 2019 auszusetzen. Vielmehr muss der bereits eingeschlagene Weg zur Reduzierung der Fehlstunden weiter beschritten werden, damit auch die verbleibenden Fehlstunden auf null sinken. Zumal der dem Ministerium gemeldete Unterrichtsausfall nicht dem tatsächlichen Unterrichtsausfall entspricht. Die Stunden, die von den Kolleginnen und Kollegen vor Ort vertreten werden, erscheinen nicht in diesen Zahlen. Auch werden die Stunden, die durch den Ausfall eines Fachlehrers in Differenzierungsfächern (z.B. Informatik) entstehen, oft dadurch aufgefangen, dass Lerngruppen zusammengefasst werden. Folglich erscheinen diese Fehlstunden auch nicht in der Statistik. Ebenso erscheint in der Berechnung der Fehlstunden nicht, wenn eine Klasse von einer Lehrkraft aus der Nachbarklasse mitbetreut wird.

Zusatzbedarfe durch die Reform im Übergangsbereich
Im Bereich der Beruflichen Schulen wird zurzeit der Übergangsbereich reformiert. Die geplanten Schulformen der Ausbildungsvorbereitung und der Berufsfachschule haben das Ziel, die Schülerinnen und Schüler auf eine Ausbildung oder eine berufliche Tätigkeit vorzubereiten. In den neu geplanten Schulformen sollen die Lehrkräfte die Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrem individuellen Kenntnis- und Kompetenzstand und ihrem individuellen Lernfortschritt fördern und sie in ihrer sozial-emotionalen Entwicklung unterstützen. Zudem sollen die Schülerinnen und Schüler während des gesamten Bildungsgangs von den Lehrkräften in fachlichen und pädagogischen Fragen begleitet werden. Darüber hinaus soll mit den Schülern in regelmäßigen Abständen Lernberatungsgespräche geführt werden. Damit diese anspruchsvollen Aufgaben von den Lehrkräften umgesetzt werden können, ist es unerlässlich, genügend Zeit zur Verfügung zu stellen. In diesem Zusammenhang muss bei der Klassenbildung zwingend berücksichtigt werden, dass in Anbetracht der zu erwartenden Schülerschaft, die zum Teil einen großen Förderbedarf haben wird, eine entsprechende Schülerrichtzahl zugrunde gelegt wird. Damit die Schülerinnen und Schüler von dem geplanten pädagogischen Konzept profitieren, fordern wir für die Ausbildungsvorbereitung eine Schülerrichtzahl von maximal 15, für die Berufsfachschule I von 20 und für die Berufsfachschule II von 20.
Damit die geplante Reform gelingt, ist es unerlässlich, genügend Ressourcen in Form von Lehrerstunden zur Verfügung zu stellen und eine entsprechende Schülerrichtzahl bei der Klassenbildung zu berücksichtigen. Für viele Schülerinnen und Schüler in diesen Schulformen ist es oft die letzte Chance den Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden. Sollte dies nicht gelingen, werden neben dem persönlichen Schicksal der Betroffenen langfristig höhere Kosten, z. B. durch Zahlungen von Sozialleistungen, für den Steuerzahler entstehen.

Beschulung von Geflohenen
Weiterhin ergeben sich Bedarfe an Lehrkräften aufgrund der Beschulung, Integration und Förderung von Geflohenen in den beruflichen Vollzeitschulen und in der Dualen Ausbildung. Die Beruflichen Schulen übernehmen hier seit einigen Jahren schon eine wesentliche und wichtige Aufgabe für die Gesellschaft.
Zurzeit befinden sich ca. 22 % der Geflohenen an den Beruflichen Schulen in einer Dualen Ausbildung – Tendenz steigend. Kritisch ist jedoch die Tatsache, dass die Zahl der „Abbrecher“ in der Dualen Ausbildung laut Berufsbildungsstatistik der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder bei Personen mit einer Staatsangehörigkeit aus einem Asylland wesentlich höher ist, als bei denjenigen mit der deutschen Staatsangehörigkeit. Dies ist vor allem auf massive Sprachdefizite in der Fachsprache zurückzuführen. Aufgrund des Fachkräftemangels brauchen die deutsche- und auch die saarländische Wirtschaft junge Menschen. Schon jetzt haben Betriebe, insbesondere im Handwerk, Schwierigkeiten, ihre angebotenen Ausbildungsstellen zu besetzen. Es ist von enormer Wichtigkeit, die Zahl der „Abbrecher“ zu verringern. Gelingt dies nicht, ergeben sich für diejenigen, die keine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben, Perspektivlosigkeiten, aus denen sich weitere, auch gesellschaftliche Probleme entwickeln. Daher ist es dringend notwendig, um dem erheblichen Bedarf Geflüchteter in beruflichen- sowie in allgemeinbildender Bildung gerecht zu werden, genügend Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen.

Zusatzbedarfe durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung
Abschließend möchten wir noch darauf hinweisen, dass in naher Zukunft in einzelnen Bereichen der Beruflichen Bildung von einem Zusatzbedarf an Lehrkräften auszugehen ist. So ist beispielsweise im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter bis 2025 niedergeschrieben. Dieser Anspruch wird zu einem Mehrbedarf an Erzieherinnen und Erziehern führen. Alleine um die Ausbildung der zusätzlich benötigten Erzieherinnen und Erziehern zu gewährleisten, werden schätzungsweise zwölf zusätzliche Lehrkräfte an den entsprechenden Standorten der Beruflichen Schulen benötigt.

Fazit
Die Beruflichen Schulen leisten einen wesentlichen Beitrag zur Leistungsfähigkeit der saarländischen Wirtschaft und sind ein international anerkanntes Bildungssystem, um welches uns viele Länder beneiden. Insbesondere in Zeiten eines vorherrschenden Fachkräftemangels übernehmen die Beruflichen Schulen eine zentrale Aufgabe, um diesem entgegenzuwirken und um den Industriestandort Saarland zu stärken. Die Unterrichtsversorgung an den Beruflichen Schulen darf nicht aufgrund anderer aktueller Probleme aus dem Fokus geraten. Daher fordern die Verbände, dass die im Haushalt 2019 vorgesehen kw-Vermerke ausgesetzt werden, damit ein ordentlicher Schulbetrieb an den Beruflichen Schulen nicht gefährdet wird und die Beschulung nach den KMK-Vorgaben in der Dualen Ausbildung durchgeführt werden kann.