Sehr geehrter Herr Alles, lieber Sascha,
die Verbände der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen (VLW) und der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen (VLBS) nutzen gerne die Möglichkeit der Stellungnahme zur o. g. Verordnung.
Wir begrüßen die geplante Stärkung der Schulleitungen an Grund- und Förderschulen, die in diesen Bereichen wertvolle und engagierte Arbeit leisten. Die vorgesehene Anpassung der Werte für die Ermittlung der Anrechnungsstunden stellt eine wichtige Maßnahme dar, um den Schulleitungen künftig mehr zeitliche Ressourcen für Schulentwicklung, Personalführung sowie Unterrichtsentwicklung zur Verfügung zu stellen.
Als die Interessenvertretung der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen erwarten wir jedoch, dass einige längst überfällige Änderungen an der Pflichtstundenverordnung vorgenommen werden. Ebenso wie ehemals im Grundschulbereich wurde 2002 die Pflichtstundenzahl im beruflichen Bereich erhöht, dort aber um eine ganze Pflichtstunde. Diese Erhöhung bringt auch entsprechende Vor- und Nachbereitungszeiten von einer Unterrichtsstunde zu Hause sowie zusätzliche Korrekturen und Konferenzen mit sich.
Die Belastung der Lehrkräfte im beruflichen Schulwesen hat in den vergangenen Jahren erheblich zugenommen – insbesondere infolge der zunehmend heterogenen Schülerschaft sowie der stetig wachsenden Zahl an außerunterrichtlichen Aufgaben, die häufig weit über das pädagogische Kerngeschäft hinausgehen.
Ohne alle Mehrbelastungen an dieser Stelle aufzählen zu wollen, ist klar zu erkennen, dass die Anforderungen an alle Lehrkräfte (speziell auch die der Erweiterten Schulleitungen) auf ein nicht mehr erträgliches Maß angestiegen sind. Die Pflichtstundenzahlerhöhung, die einst umgesetzt wurde, als es nicht genügend Lehrkräfte gab und um mit dieser Maßnahme den strukturellen Unterrichtsausfall zu verringern, ist nicht mehr vertretbar. Im Jahr 2002 wurde seitens des MBK gegenüber den Vertretern des HPR der Beruflichen Schulen immer wieder kommuniziert, dass die Erhöhung um eine Stunde nur vorübergehend wäre und dass diese wieder zurückgenommen werde, wenn der strukturelle Unterrichtsausfall an den Beruflichen Schulen abgebaut sei. Aktuell ist dieser Unterrichtsausfall erfreulicherweise weitestgehend abgebaut, so dass es endlich an der Zeit wäre, diese längst überfällige Reduzierung auf 24,5 Wochenstunden durchzuführen.
Wir appellieren eindringlich an die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Wer erwartet, dass Lehrkräfte an beruflichen Schulen ihre anspruchsvolle Arbeit mit Engagement und Freude bis zur Altersgrenze ausüben, darf nicht zugleich ihre Belastung kontinuierlich steigern. Vielmehr ist es seine Pflicht, aktiv für ihre Entlastung und Gesundheit zu sorgen. Andernfalls bleiben Initiativen wie die „Gesunde Schule“ bloße Lippenbekenntnisse ohne Substanz.
Ein Blick ins benachbarte Rheinland-Pfalz zeigt, dass es auch anders geht: Dort liegt die Pflichtstundenzahl im berufsbildenden Bereich bei lediglich 24 Wochenstunden – bei gleichzeitig höherer Besoldung.
Im Einzelnen fordern wir eine Änderung der Pflichtstundenverordnung in folgenden Punkten:
Zu §3 der PVO:
Wir fordern eine Absenkung der Regelstundenzahl an beruflichen Schulen auf 24,5 Stunden.
Zu den §4 und §6 der PVO; Änderung der Gewichtungsfaktoren:
In der Anlage zur Pflichtstundenverordnung wird für die einzelnen Schulformen geregelt, welche Basiszahlen und Gewichtungsfaktoren für die Anrechnungsstunden gewährt werden.
Die Gewichtungsfaktoren bzgl. §6 für die beruflichen Vollzeit- und Teilzeitschulen müssen erhöht werden.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass allgemein bildende Schulen im Sek. II-Bereich hier einen Faktor g (§6) von 0,06 haben und die beruflichen Vollzeitschulformen von nur 0,03 und die Teilzeitschulformen sogar nur einen Faktor von 0,012. Jedes BBZ hat eine Vielzahl verschiedener Schulformen zu organisieren. Jede allgemein bildende Schule hat nur eine (!) Schulform zu verwalten. Bei einer angenommenen Größe von 1000 Schülerinnen und Schülern bekommt ein Gymnasium bis zu 62 Anrechnungsstunden für die Schule (was auch absolut notwendig ist), ein BBZ jedoch nur zwischen 14 und 32.
Wir fordern hier eine Erhöhung des Faktors g, §6; für die beruflichen Vollzeitschulformen von 0,03 auf 0,05. Das Ungleichgewicht zu den allgemeinbildenden Schulen ist nicht nachvollziehbar und muss unbedingt beseitigt werden, indem die Zahl der Anrechnungsstunden für die beruflichen Vollzeitschulformen erhöht wird.
Es ist für uns ebenso nicht zu verstehen, warum die beruflichen Teilzeitschulformen in dieser Anlage der Pflichtstundenverordnung seit Jahren deutlich schlechter gestellt werden als andere Schulformen. Aus folgenden Gründen sind die Gewichtungsfaktoren unserer Meinung nach für die beruflichen Teilzeitschulformen auf das gleiche Niveau wie die für die beruflichen Vollzeitschulformen zu erhöhen:
- Jeder Teilzeitschüler bzw. jede Teilzeitschülerin wird genau wie jeder Vollzeitschüler -schülerin im Verwaltungsprogramm erfasst und geführt, es erhalten alle Schülerinnen und Schüler zwei Zeugnisse im Jahr. Somit ist der Verwaltungsaufwand gleich.
- Es findet eine intensive Kommunikation mit den Betrieben und den Eltern statt, vergleichbar der Kommunikation mit den Eltern in den Vollzeitschulformen.
- Viele Schülerinnen und Schüler absolvieren im Laufe von zwei bis drei Jahren Schulzeit mehrere Prüfungen.
- Im kaufmännischen Bereich plant die Schulleitung in jedem Schuljahr für die Kammern vier schriftliche Prüfungen für die Berufsschüler/-innen und führt sie durch (2 Zwischenprüfungen, 2 Abschlussprüfungen). Hinzu kommen die mündlichen Prüfungen zweimal im Jahr.
- Die Lehrkräfte werden teilweise mit der Erstellung von Prüfungsaufgaben betraut und bekommen nach wie vor dafür keine Anrechnung in Form von Stundendeputaten.
- Die Schulleitungsmitglieder bzw. die Lehrkräfte müssen zudem an den Sitzungen der jeweiligen Berufsbildungsausschüsse teilnehmen.
- Das Organisieren der neuen Klassen dauert oft bis zu den Herbstferien, da sich viele Schüler erst verspätet einfinden.
All diese Gründe zeigen, dass der Faktor G, §4, von 0,006 auf mindestens 0,015 und der Faktor g, §6, von 0,012 auf mindestens 0,05, analog zu den beruflichen Vollzeitschulen erhöht werden muss.
Eine weitere große Benachteiligung der Beruflichen Schulen ergibt sich gemäß § 4 Abs. 3 der Verordnung über die Pflichtstunden. Dort steht, dass Anrechnungsstunden, die aufgrund des § 8 Abs. 1 nicht in Anspruch genommen werden, entfallen. Dies bedeutet, dass gerade an sehr großen Berufsbildungszentren, die zudem häufig über mehrere Standorte verfügen, sehr viele Anrechnungsstunden, die aus dem § 4 Abs. 1 eigentlich den Schulleitungen zustehen, nicht in Anspruch genommen werden dürfen. Dies ist ein großer Nachteil und nicht nachvollziehbar, da diese Anrechnungsstunden für die vielfältigst anfallenden Aufgaben erforderlich sind. Die Verbände VLW und VLBS erwarten, dass der § 4 Abs. 3 schnellstmöglich ersatzlos gestrichen wird, um den Schulleitungen bzw. den erweiterten Schulleitungen die dringend benötigten Anrechnungsstunden zu gewähren.
Zum §5 der PVO:
Die weiteren Anrechnungsstunden für die Schulleitung sind nicht ausreichend. Gerade im Bereich der erweiterten Schulleitung sind die möglichen Anrechnungsstunden zu knapp bemessen. Wir fordern daher eine Erhöhung des Prozentsatzes von 90% auf 100%. Gerade für die Abteilungsleiter sind in den letzten Jahren sehr viele organisatorische Aufgaben hinzugekommen, so dass die momentane Unterrichtsverpflichtung deutlich zu hoch ist.
Wir fordern eindringlich, dass diese längst überfälligen Anpassungen der Pflichtstundenverordnung an die Realität der schulischen Gegebenheiten an den Berufsbildungszentren im Zuge der Überarbeitung der Pflichtstundenverordnung vorgenommen werden.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung